Historischer
Hintergrund

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Hier finden sie den Pressetext: presseinfo ausstellung gemeinde bau kunst

Das Rote Wien – Die Ringstraße des Proletariats
Die radikale Besteuerung von Immobilieneigentum Anfang des 20en Jahrhunderts führte in Wien innerhalb kurzer Zeit zur Zerschlagung des privaten Immobilienmarktes. Dadurch konnte die damals noch sehr junge Gemeinde Wien eine Vielzahl von Grundstücken zu erschwinglichen Preisen erwerben und günstigen Wohnraum für einen Großteil der Wiener Bevölkerung schaffen.

Bis 1922 verzehnfachte sich der Grundbesitz der Gemeinde Wien und Anfang 1924 verfügte sie bereits über 2,6 Millionen Quadratmeter Bauland. Im 5. und 12. Bezirk entstanden in der Zeit des Roten Wiens die sogenannten ‚Superblocks’ und mit ihnen die Ringstraße des Proletariats. Die Namensgebung kommt daher, dass sie entlang des Gürtels ähnlich wie der Ring, eine repräsentative Wirkung entfaltet und als Symbol der Stärke der Arbeiterschaft gilt. Innerhalb eines Jahrzehntes, in der Ära des Roten Wiens wurden 382 Gemeindebauten erbaut und damit 65.000 neuen Wohnungen geschaffen.

Die Miete für eine Gemeindewohnung betrug für eine/n ArbeiterIn ungefähr vier Prozent ihres Lohns. Karl Seitz war von 1923 bis 1934 Bürgermeister von Wien und stand mehr als zehn Jahre lang an der Spitze des großen kommunalen Aufbauwerkes, er war eine der zentralen Persönlichkeiten des roten Wiens.
Das besondere an der Architektur des Roten Wiens sind die vielen kleinen Details, wie die kunstvoll verzierten Nummerierungen der Stiegen oder das Dekor der Hofeingänge. Selbst die Beleuchtungskörper sind Kunstobjekte, welche im Falle des Reumannhofs im Jugendstil gestaltet wurden.
Die großzügig angelegten Höfe laden zum Verweilen ein.

Die hohen, alten Bäume in den Seitenhöfen spenden an heißen Sommertagen Schatten. Der ausladende Brunnen im Haupthof vergrößert durch seine Wirkung den Ehrenhof. In seiner Mitte direkt vor dem Brunnen befindet sich eine Büste Jacob Reumanns.
Wie alle Bauten aus dieser Zeit sind Gemeinschaftsräume, wie öffentliche Waschküchen und Institutionen wie der Kindergarten wichtige Elemente der Gemeindebauten, welche den sozialen Zusammenhalt stärken sollten. Auch die Geschäfte und Lokale an der Außenfront sind typisch für Gemeindebauten aus dieser Ära.

Gemeindebauten der 50er und 60er Jahre
In der Zeit des Wiederaufbaus und des Wirtschaftsaufschungs musste schnell und günstig leistbarer Wohnraumgeschaffen werden. In den 1960er Jahren wurden 9000 neue Wohnungen jährlich gebaut. Diese Bauten werden von den WienerInnen heute „Emmentalerbauten“ genannt. Während die Bauten aus der Ära des Roten Wiens einer architektonischen Programmatik folgten, wirken die Nachkriegsbauten austauschbarer. Jedoch wurde auch bei diesen Bauten Kunst am Bau Platz eingeräumt.

1970 bis heute
Erst in den 1970er Jahren verschwand die Gemeindebaukunst im Sinne der Gestaltung von Gemeindebauten mittels Bauplastiken und bildenden Kunstwerken nach und nach. Vereinzelnd wurden noch lose Plastiken oder Skulpturen platziert. Die individuelle künstlerische Handschrift fand man selten ab diesen Zeitpunkt. Ab 1970er Jahren wurden zunehmend Genossenschaftswohnungen errichtet und der Gemeindebau verschwand immer mehr aus dem Wohnbauprogramm, dafür wurde der Bestand nach und nach erneuert. Was Kunst am Bau anbelangt besonders interessant sind die Gemeindebauten aus den 80er und 90er Jahren von Hundertwasser. 2004 wurde bislang der letzte Gemeindebau in der Rößlergasse 15 errichtet.

Gegenwart
Heute hat Wien einen Bestand von ca. 220.000 Gemeindewohnungen  diese werden kontinuierlich saniert und erneuert. Allerdings ohne neue Ideen einzubringen. Jeder vierte Wiener wohnt im Gemeindebau.

Zukunft

Da leistbarer Wohnraum in einer Stadt wie Wien immer wichtiger wird und die Stadt Wien ab 2016 wieder Gemeindebauten errichten möchte ist die Frage nach der Zukunft des Gemeindebaus umso relevanter. Vor dem Hintergrund einer wachenden Stadt wie Wien die sich in den kommenden zehn Jahren sich auch auf visueller Ebene stark transformieren wird ist die nachhaltige Stadtbildentwicklung ebenso virulent wie soziale Durchmischung und leistbarer Wohnraum.

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